Altar halb | 1980/81 | Öl auf Leinwand | 102 x 95 cm
Peter Ackermann 1934 - 2007
Kurze Schritte​
kann sein
ich habe nur noch
diesen Moment
einen nächsten
vielleicht
steile Straße
einatmen
ausatmen
auf halber Höhe
spreche ich mit mir
immer wieder
denselben Satz
denselben Namen
alle wollen
immer mehr
doch keiner
will wissen
vom letzten Mal
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Harald Lindig
Micha Brendel geb. 1959
Anschnitt, bipolar | (floral–animal),1996 | Papier, Mischtechnik | 99,5 x 69,5 cm
Selbstversuche
Ob wir verletzt sind
von außen ist nichts
zu erkennen
manchmal
versuchen wir
uns zu erinnern
was wir wollten
sammeln Kräfte
stürzen weiter
unaufhaltsam
drehen sich
Brummkreisel des Alters
in der Ferne
tragen wir schwer
an unseren Blutkonserven
ob wir verletzt sind
von außen ist nichts
zu erkennen
Harald Lindig
Manfred Böttcher 1933 -2001
Feuersteinfelder auf der Fährinsel | 1977 | Öl auf Leinwand | 60,5 x 80 cm
Es stürmt. Pralle Segel verbinden Wasser und Himmel. Alles ist in Bewegung und doch seit langen Zeiten an seinen Platz gebunden. Hier kann man tief durchatmen!
Anne Risse
Titia Eggen geb. 1954
o.T. | 1993 | Collage auf Leinwand | 50 x 50 cm
MOMENT, ORT, SPACE, ZEIT.
Wir bewegen uns von A nach B, versenkt in Gedanken, physisch irgendwo und in Gedanken woanders. Und gleichzeitig passiert alles auf verschiedenen Ebenen und an mehreren Stellen in verschiedenen Kapazitäten. Wir denken im Moment an unsere eigene Landschaft, ob sie im JETZT bewusst am Ort selbst präsent ist oder nicht. Wir sind immer "mehrere".
Der Ausgangspunkt in meiner Arbeit ist immer eine gewisse Facette dieses schwer fassbaren "Irgendwoseins", hier irgendwo, irgendwo, auch hier, auf dem Weg, ein Umweg, wo die Füße stehen und "Toy muss weg". Zeit und Zeitlosigkeit - Ort und Raum - Moment und Volatilität.
"Wir gehen nicht, wo wir sind, aber wo wir denken, dass wir sind. Seit einiger Zeit benutze ich den Arbeitstitel: "Wo die Füße sind... wo der Kopf ist." Der Ort, an dem Sie im Sinn sind, ist oft an einem anderen Ort als dort, wo Sie körperlich sind. Wir wandern durch unsere eigene geschaffene Realität.
Meine Bilder bestehen hauptsächlich aus Papier, einem Material, das den flüchtigen Charakter des Augenblicks betont und die Vergänglichkeit verstärkt. Sie sind Platzhalter in Wort und Bild. In Buchform, Wand- und Bodeninstallationen, Collagen und Video.
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Titia Eggen
Fritz Keller 1915 - 1994
Herbst auf der Straße | o.J. | Aquarell | 51,3 x 75,5 cm
In der Stadt
Bürgersteige
blättern ab
Worte fallen
in Rinnsteine
wer hätte je gedacht
dass wir
nach dem Goldrausch
in den lässig
vorgerückten
Silberlöffel-Kaffees
die Straßenseiten
wechseln würden
wenn wir uns
von ferne sehen
noch einmal
überschütte mich
mit deiner Klangfarbe
deinen Oberschwingungen
dass ich mich endlich
wieder hören kann
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Harald Lindig
Erich Kuithan 1875 - 1917
Frühlingssonne (Erinnerung an den Bodensee) | 1915 | Öl auf Leinwand | 138,5 x 181 cm
Flüchtige Erscheinungen
Wieder
flutet Grün
die Hänge
Federwesen
eilen
mit dem Wind
in Fernen
wo Wasserflugzeuge
landen
Spiegelscheiben
in glitzernden
Wellen
Licht
so direkt
von der Sonne
auch anders
die Farben
unserer Augen
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Harald Lindig
Ulrike Seyboth geb. 1970
Flatery I | 2013 | Mischtechnik auf Papier | 107 x 128 cm
Farbe
tropft aus Gedanken, wirbelt, bricht
ersinnt neu.
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Haiku von Martina Anschütz
Barbara Lechner 1942 - 2003
Freude | 1982 | Papier | 50 x 60 cm
Die Arme weit geöffnet, mit der Fußspitze vorsichtig tastend, steht ein junges Mädchen im Portal zwischen dem „Hier“ und „Dort“. Das Balancieren auf einem Bein gelingt. Sie könnte sich noch festhalten, aber die weite Welt ruft.
Beschwingt genießt das Mädchen den Blick in die Ferne. Die Entscheidung zum ersten Schritt dorthin ist noch nicht gefallen.
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Anne Risse
Jean-Pierre Maury geb. 1948
MDF 2003010 | 2003 | Acryl auf MDF | 80 x 80 cm
Maurys Werke gehören zur Bewegung der geometrischen Abstraktion und folgen der Initiative des Begriffs „gebaute Mobilität“, der an die Bedeutung von Geometrie und Messung in abstrakter Kunst erinnert.
Vielen Kunstwerken dieser Kunstrichtung liegt ein wissenschaftliches Denken zu Grunde, das sich beispielsweise der Erforschung von Gesetzmäßigkeiten von Farben, Formen, Linien und Flächen und deren Zusammenspiel widmet. Die Künstler wollen mit ihren Werken eine universelle Sprache schaffen. So kann man sie ohne jegliches Vorwissen, aber gleichzeitig auch ohne Vorurteile erfassen.
Diese Kunst strebt aktiv danach, jegliche äußere Bedeutung zu vermeiden. Künstler werden davon befreit, irgendetwas jenseits dessen kommunizieren zu müssen, was im Werk klar erkennbar ist.
Horst Peter Meyer geb. 1947
KREUZ LADE | 2009 | Öl auf Leinwand | 125 x 155 cm
Ist es der letzte Schritt vor dem Abgrund?
Leichtsinn im Vertrauen auf das, was ich hinter mir herziehe.
Oder sind es die Mühen mit dem, woraus meine Vergangenheit besteht?
Hoffnung, dass das Kreuz wieder gerade wird.
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Anne Risse
Alfred Traugott Mörstedt 1925 - 2005
Narrenkoalition | 1991 | Aquarell, Gouache, Tusche | 64 x 50 cm
Viele verschiedene feine Linien und farbige Muster treffen aufeinander und vermischen sich in einem Strom, der von zwei markanten Spuren aus Rot und Schwarz gefasst wird.
Sind das Augen, eine Nase, ein Mund? Wirbelt hier ein großer eckiger Kopf den Weg entlang und versprüht bunte Fetzen in seiner Umgebung?
Was für eine Dynamik, einfach närrisch!
Anne Risse
Manfred Josef Neuhäuser
geb. 1950
Winter-Baum | 1982 | Papier | 50 x 60 cm
Es ist kalt.
Die Baumspitzen gefrieren zu Eis.
Der tiefblaue Hintergrund kündet von klarer Luft.
Daran ändert auch das kräftige Rot der Vorderseite des Baumes nichts. Die Abendsonne scheint die Kraft gegen die Macht des Winters verloren zu haben.
Eine üppige Krone spannt sich in den Rahmen des Bildes. Fast könnte man denken, der Baum schwebt darin. Doch er steht fest und unter dem Schnee warten starke Wurzeln auf den Frühling.
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Anne Risse